Um die Angemessenheit der Preise von Angeboten und Nachträgen bzw. Claims beurteilen zu können, ist es notwendig zu verstehen, wie sich die Preise entsprechend der internen Kalkulation des Bieters zusammensetzen. Das Vergabehandbuch enthält hierzu die Formblätter 221, 222 und 223 die von staatlichen Bauverwaltungen und Verbänden der Bauwirtschaft gemeinsam entwickelt wurden. Die Formblätter sollen aussagekräftige Grundlagen für die preisliche Beurteilung und damit eine sachgerechte Bewertung der eingehenden Angebote schaffen. Zugleich soll der Bieter zu einer ordnungsgemäßen Kalkulation des Angebots angehalten werden. Welches Formblatt vom Bieter eingereicht werden muss, richtet sich nach der Bauleistungssparte und vor allem nach dem vom Bieter gewählten Kalkulationsverfahren. Das korrekte Ausfüllen des jeweils gewählten Formblattes ist wichtig, um einen Ausschluss vom Vergabeverfahren zu vermeiden.
Für die Berechnung der entsprechenden Positionen wird die sog. Zuschlagskalkulation angewendet. Hierbei werden vorbestimmte Zuschläge für die Einzelkosten der Teilleistungen (ETK) pro Leistungsposition im Leistungsverzeichnis gemäß der Ausschreibung berechnet. Diesen Kosten werden danach die Baustellengemeinkosten (BGK), Allgemeinen Geschäftskosten (AKG) sowie Gewinn und Wagnis meistens über unternehmensintern ermittelte Zuschlagssätze zugerechnet, woraus sich die Summe des Angebotspreises ergibt.
Das Zuschlagkalkulationsblatt verschafft also Klarheit über die betriebsinterne Kalkulation und die zugehörige Preisbildung, sodass diese Informationen ebenso bei der Prüfung von Claims und Nachträgen hilfreich sein können. Denn sofern die betriebsinterne Kalkulation und die verwendeten Preise definiert sind, können anfallende Leistungsänderungen ohne zeitintensive Verhandlungen beauftragt werden. So kann der planmäßige Fortschritt des Projekts durch die Vermeidung von Verzögerungen inkl. der dazugehörigen Schäden langfristig sichergestellt werden. Das Zuschlagskalkulationsblatt ist als Grundlage für erfolgreiches Claim Management unerlässlich. Im Folgenden werden die Positionen des Zuschlagkalkulationsblatts dargelegt
Vorgehensweise beim Ausfüllen des Formblattes
Das Formblatt 221 „Preisermittlung bei der Zuschlagskalkulation“ enthält drei auszufüllende Tabellen. Für die einfache Zuschlagskalkulation ist typisch, dass die Zuschläge für Gemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn nicht unterschiedlich hoch nach einzelnen Kostenarten der Einzelkosten bestimmt, sondern für alle Kostenarten der eigenen Bauleistung gleich hoch angesetzt werden. Abweichende Gemeinkostenzuschlägen werden hier nur als Zuschlag auf die Leistungen der Nachunternehmer angesetzt. Die folgenden Erläuterungen setzten ein solches Vorgehen voraus.
Es sei an dieser Stelle jedoch erwähnt, dass es für die Bieter mit Blick auf mögliche Nachträge und Claims sinnvoll sein kann unterschiedliche Zuschläge anzusetzen, um das Risiko z. B. von schwankenden Rohstoffpreisen durch einen entsprechenden Aufschlag zu minimieren.
1. Angaben über den Verrechnungslohn
Der Verrechnungslohn stellt den Betriebsmittellohn dar. Im Verrechnungslohn sind grundsätzlich auch die anteiligen Gemeinkosten (BGK und AGK) sowie ein Aufschlag für Wagnis und Gewinn enthalten.
1.1 Mittellohn
Zu Berechnung des Verrechnungslohns muss zunächst der sog. Mittellohn errechnet werden. Dieser stellt den durchschnittlichen Bruttostundenlohn der Beschäftigten, die unmittelbar an der Auftragsabwicklung beteiligt sind, dar. In die Mittellohnberechnung werden die Entgelte der Meister, Vorarbeiter, Gesellen, Hilfskräfte und gewerblichen Lehrlinge einschließlich aller Lohnzuschläge und –zulagen einbezogen. Beim Einsatz von Lehrlingen empfiehlt sich die Orientierung an der alten, inzwischen aufgehobenen Verordnung Nr. 10/52. Nach dieser Verordnung durften für die Arbeitszeit der Lehrlinge höchstens folgende Grundbeträge angesetzt werden:
- im ersten Lehrjahr 45 %
- im zweiten Lehrjahr 55 %
- im dritten Lehrjahr 65 %
des jeweiligen Facharbeiter- oder Gesellenlohns.
1.2 Lohngebundene Kosten
Die Formblätter setzen anschließend voraus, dass die lohngebundenen Kosten berechnet werden. Hierbei handelt es sich um tarifliche, gesetzliche und freiwillige Sozialkosten wie Urlaubsentgelt, zusätzliches Urlaubsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Feiertagsentlohnung, Weihnachtsgeld und dergleichen sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Die lohngebundenen Kosten sind sowohl als Prozentwert (bezogen auf den Mittellohn) als auch in Euro pro Stunde anzugeben.
1.3 Lohnnebenkosten
Die Lohnnebenkosten als weitere Position der Formblätter umfassen tarifliche Auslösungen, Wegegelder, Unterkunfts- und Übernachtungsgelder, Kosten für Familienheimfahrt sowie die vom Auftragnehmer zu tragenden Kosten für die An- und Rückreise zur Baustelle.
1.4 Kalkulationslohn
Aus der Summe von Mittellohn, lohngebundener Kosten und Lohnnebenkosten ergibt sich der sog. Kalkulationslohn.
1.5 Zuschlag auf den Kalkulationslohn
Der Zuschlag auf den Kalkulationslohn beinhaltet grundsätzlich die Positionen Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn. Wobei die Zuschläge für Wagnis und Gewinn in der zweiten Tabelle des Formblattes 221 „2. Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen“ noch gesondert erläutert werden.
Sind diese Einzelzuschläge bzw. der gesamte Zuschlag auf den Kalkulationslohn nicht unmittelbar aus Ihrer Angebotskalkulation zu entnehmen, empfiehlt sich eine einfache Rückrechnung. Der Zuschlag auf den Kalkulationslohn ergibt sich aus der Differenz von dem im Angebot aufgeführten Stundenverrechnungssatz und dem Kalkulationslohn.
1.6 Verrechnungslohn
Der Verrechnungslohn entspricht dem im Angebot angegebenen Stundenverrechnungssatz.
2. Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen (unmittelbare Herstellungskosten)
In dieser Tabelle ist die Angebotssumme in die großen Bestandteile Lohnkosten, Stoffkosten, Gerätekosten, Sonstige Kosten und Nachunternehmerleistungen zu zerlegen. Die Zahlen dafür entnehmen Sie Ihrer Kalkulation bzw. den bereits ausgefüllten Tabellen 1 und 2. Die in Tabelle 3 dargestellte Angebotssumme ohne Umsatzsteuer muss mit Ihrer Angebotssumme übereinstimmen.
Ermittlung der Angebotssumme
Die gesamten ermittelten Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinnwerden am Ende auf die Bereiche Lohn, Stoffkosten bzw. Materialkosten, Gerätekosten, Sonstige Kosten und Nachunternehmerleistungen aufgegliedert. Die Unterteilung dieser Gesamtzuschläge erfolgt dabei entweder auf der Basis Ihrer betriebs-individuellen Kostenrechnung oder aber auf Basis der Erfahrungswerte von bisherigen Kalkulationen.
Seit dem 01. Januar 2018 muss die Position Wagnis und Gewinn in drei einzelne Zuschläge aufgeteilt werden. Demnach finden Sie in der zweiten Tabelle des Formblattes 221 Positionen für betriebsbezogene und leistungsbezogene Wagnisse sowie für den Gewinn. Hintergrund für diese Änderung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201/15).