Die Erfahrungen aus der Baupraxis zeigen immer wieder, dass professionelles Claim- und Nachtragsmanagement erst durch die umfassende Vorbereitung der notwendigen Rahmenbedingungen erfolgreich umgesetzt werden kann. Häufig führen unvollständige bzw. fehlende Absprachen und Prozesse oder unzureichende Dokumentationen zu strittigen Sachverhalten, die nicht zu komplett gerechtfertigten Nachträgen und Claims führen können. Der folgende Artikel beleuchtet die beispielhaften Vorbereitungen für professionelles Claim- und Nachtragsmanagement als Grundlage erfolgreicher Bauvorhaben.
5 Tipps zur zweckmäßigen Vorbereitung von wirksamen Claim- und Nachtragsmanagement
1. Der Bauwerkvertrag ist eines der wichtigsten Dokumente im Rahmen eines Bauprojekts. Nach ihm richten sich Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Für erfolgreiches Nachtragsmanagement sollten im Bauvertrag die Leistungspflichten des Auftragnehmers ebenso geregelt sein wie die Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen. Selbstverständlich sollten auch die Gegenleistungen, wie die Vergütung, die Bereitstellung des Grundstücks und andere Bereitstellungs– und Koordinierungspflichten des Auftraggebers geregelt werden.
2. Eine sinnvolle Ergänzung zum Bauvertrag sind die sog. Zusatzvereinbarungen. Hierdurch können die Rahmenbedingungen für projektspezifische Verträge optimiert werden. So können darin beispielsweise allgemeingültige Vereinbarungen zu Nachtragsforderungen, zur Abnahme oder zu Vertragsstrafen geregelt werden, um strittige Situationen zu antizipieren und aufkommende Komplikationen effizient lösen zu können. Häufig auftretende Auslegungsfragen wie Regelungen bei Streiks, Bränden, Pandemien oder sonstigen Angelegenheiten der Höheren Gewalt (Force Majeure) können hierbei berücksichtigt werden. Die sich daraus ergebenden gemeinschaftlich abgestimmten Rahmenbedingungen können in der Baupraxis zur erfolgreichen Realisierung der Bauvorhaben beitragen.
3. Die abgestimmte und unmissverständliche Definition des Bau-Solls wird durch eine ausführliche Leistungsbeschreibung inkl. Leistungsverzeichnis realisiert. Im Hinblick auf das Nachtragsmanagement wird hierbei die realistische und engmaschige Terminplanung in vielen Fällen unterschätzt.
Eine oberflächliche Terminplanung, beispielsweise ohne
- die Festlegung der Methodik und deren Anwendungen,
- ausreichend sinnvolle Zwischentermine zur Kontrolle der Leistungen,
- die Einbeziehung von anfallenden Planungsaktivitäten und den zu erwartenden Genehmigungszeiten und -auflagen oder
- die Offenlegung der Zusammenhänge der Beschaffung insbesondere im Fall von „long lead items“,
führt in der Baupraxis häufig dazu, dass der Auftraggeber nur in seltenen Fällen frühzeitig intervenieren kann, um drohende Verzögerungen und daraus resultierende Schäden zu minimieren. Um kosten- und zeitintensive Claims der nachfolgenden Auftragnehmer zu vermeiden, ist die ganzheitliche Abstimmung der Terminplanung inkl. Zwischenterminen für alle Vertragsparteien erfolgsbestimmend.
4. Für eine effiziente Bearbeitung von Nachträgen und Claims ist die sog. Urkalkulation und eine dazugehörige Zusammenfassung bzw. ein Zuschlagkalkulationsblatt aus kalkulatorischer Sicht unerlässlich. So können anfallende Leistungsänderungen ohne zeitintensive Verhandlungen abgewickelt werden und der planmäßige Fortschritt des Projekts durch die Vermeidung von Verzögerungen inkl. der dazugehörigen Schäden langfristig sichergestellt werden.
5. Außerdem sollte den Protokollen der Vergabegespräche, sowohl vertraglicher als auch technischer Art, ein besonderer Stellenwert beigemessen werden. Diese können bei Missverständnissen zur schnellen Lösungsfindung beitragen und sind die Grundlage einer schlüssigen Argumentation für die Vertragsparteien.